Answering Kleist: Artur Becker (in German – Translation soon!)

Hallo lieber Freund,

ich schreibe Dir bereits aus Warschau, wo ich gestern bereits angekommen bin, denn auch ein ostpreußischer Offizier muss wenigstens einmal die internationale Buchmesse besuchen, welche diesmal im verdachten Fußballstadion „Narodowy“, dem Nationalstatdion, stattfindet, stell Dir mal vor!

Und, niedergeschmettert von Deinem Brief, schreibe ich nach Deutschland in Sehnsucht nach Dir! So viel Liebe in Deinem genialen Herzen und Brief, als schwimmest Du im feurigen Pfuhl, in dem das Leben gerade gezeugt und geboren wird: von der Aminosäure, Bakterie bis zur Menschheit!

Natürlich beleidigst Du mich nicht, wie kommst Du darauf überhaupt, ich könnte beleidigt sein, lieber Freund, ich weiß doch, Deine kosmischen Gefühle, Deine griechischen Erkenntnisse, Deine Zuneigung und Freundschaft zu schätzen!
Nur: Du musst es begreifen! Ich Soldat der Kaiser und Generäle und Politiker und Könige – ich diene ihnen, weil es meine Soldatenpflicht ist, den Machthabern und ihren Befehlen zu folgen (wenn ich auch jedes Blutvergießen verabscheue und stets zu vermeiden versuche). Dabei würde ich so gerne, wie ein himmlischer, strahlender, unsterblicher Erzengel des Universums mit Dir zusammen die verstecktesten Kammern und Landschaften der Erde und unseres Daseins erforschen – am liebsten nur das!

Meine Soldatenpflicht aber, meine Uniform töten mich Tag für Tag, und ich will und darf nicht wie die Politiker die Geschichte reparieren, weil die Geschichte kein Kaugummi ist, keine Nachrichtensendung im Fernsehen und auch keine Vorstellung und Perspektive einer Partei, sondern ein riesiges Rad des menschlichen Gedächtnisses, das immer, dieser Computer der Erinnerung, Fehler macht und das das Erinnerte verformt und sogar betrügt.

Ja, ich gebe es zu, ich habe auch große Sehnsucht – wir könnten wieder einmal zusammen verreisen! Nach Italien, nach Venezia und Verona, nach Lucca! Mein Gott! Heinrich, mein Freund, mach Dich wieder auf den Weg, komm wenigstens für ein paar Tage nach Warschau – ich werde Dir neue Himmel und Höllen zeigen, Dich mit jungen, hübschen Offizieren und ihren Gemahlinnen bekannt machen, und Warschau wird uns die Kraft unserer kläglich vergangenen Jugend, die Kraft der Revolution zurückgeben! Das verspreche ich! Dir!

Komm nach Warschau, Heinrich! Noch ist unser Europa nicht verloren, komm zu mir, sieh mir wieder dabei zu, wie ich meinen kräftigen, durchtrainierten Körper in der Weichsel zum Schwimmen bringen werde, wie einen Papierdrachen! Du wirst stauen! Komm nach Warschau, Heinrich von Kleist, lieber Freund, liebes Herz! Ich erwarte Dich des Nachts, des Tages und im Sonnenlicht der weinenden Weiden Masowiens!

Dein Samurai-Freund Art. B. -san.

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